Hallo Oliver, stell dich bitte kurz vor. Wer bist du und was machst du momentan beruflich?

Oliver Lutz ist mein Name, Senior Content Marketing Manager  mein sperriger Jobtitel. Ich beschäftige mich damit, wie wir für UPC potenzielle Kunden mit für sie relevanten Stories abholen können. Aktuell versuche ich das vor allem über eSports.ch Daneben darf ich regelmässig an diversen Schweizer Hochschulen zu Digital- und Content Marketing dozieren.

Oliver Lutz

1. Wie ist dein Werdegang? Wie bist du zu deiner heutigen Position gekommen?

Ursprünglich habe ich eine KV-Lehre gemacht. Das war eine Vernunftsentscheidung auf dem Weg zum Journalisten. Journalist oder Bäcker war als Kind mein Traumjob. Als Bäcker habe ich dann tatsächlich auch eine Schnupperlehre absolviert. Selbst als Frühaufsteher war dann aber 2 Uhr etwas zu hart.

Erste journalistische Erfahrungen habe ich  bei einer Regionalzeitung gesammelt und gleichzeitig mein Kommunikationsstudium gestartet. Schon vor rund zehn Jahren war mir klar, dass es künftig herausfordernd wird für und in der Medienbranche. Ich hatte dann das Glück beim Velozubehörhändler Veloplus quereinsteigen und das ganze Digital Marketing aufbauen zu dürfen. Schon spannend, wenn man ein sechsstelliges Google Ads Budget erhält, sich bisher aber noch nie mit dem Thema befass hatte. Ich habe viel falsch gemacht und daraus noch mehr gelernt. Das hat sich – glücklicherweise positiv – rumgesprochen. Und so kam irgendwann die Anfrage von UPC. Was aus der Journizeit bis heute geblieben ist, ist meine Herzblut für Storytelling. Und ich bin überzeugt, dass dieses im Marketing entscheidend ist.

 

2. Welche Trends siehst du für die kommenden Jahre im Digital Marketing?

Ich könnte jetzt mit den bekannten Buzzwords um mich schlagen. Das lasse ich aber und beschränke mich das Umfeld in dem ich mich bewege. Dass Twitch im diesjährigen Digimonitor der meistbenutzen Social Networks auftaucht, ist kein Zufall. Das Verfolgen von Games oder Streamern auf der Plattform ist eine Realität. Auch Streamer selbst dürften in der Schweiz an Bedeutung gewinnen. Für mich sind sie quasi Influencer 2.0. Live, meist authentisch und sehr nahbar. Es erschreckt mich bei Vorträgen immer wieder, wie wenig Wissen rund um Twitch vorhanden ist. Dabei müssten viele Leute nur mal einen Blick ins Kinderzimmer werfen. Sie würden sehen, dass Live-Content sehr wohl konsumiert wird. Einfach nicht über die alten Kanäle.

 

3. Hättest du früher gedacht, dass du heute in dieser Branche tätig bist?

Auf keinen Fall. Als ich in die Berufswelt eingestiegen bin, hat es meinen Job noch gar nicht gegeben. Meine Eltern wissen heute noch nicht genau, was ich jetzt eigentlich genau mache im Internet.

 

4. Welche Rolle spielt bezahlte Werbung in deiner allgemeinen Strategie?

Es gibt 2019 noch Marketeers, die den zurückgegangenen organischen Reichweiten auf Social Media nachtrauern. Ich mache mir da keine Illusionen. Für fast alle Social Media Posts haben wir deshalb ein definiertes Paid Budget. Ich kann es kaum glauben, wie viel und teilweise auch guter Content gar nie gesehen wird, weil das Budget für die Paid-Unterstützung nicht mehr reicht oder dessen Wichtigkeit unterschätzt wird.

Bei aller Ads-Pragmatik versuchen wir uns aber vor allem unabhängig zu machen. Ziel ist die Stärkung von eSports.ch So, dass wir künftig noch mehr Direct- und SEO-Traffic kriegen. Deshalb sehen wir Social Media je länger desto mehr als einfachen Traffic-Lieferanten und versuchen möglichst wenig tollen Content auf externen Plattformen zu verschenken. Diese Strategie funktioniert, ist aber harte Arbeit und definitiv nichts für kurzfristige Kampagnen. Hier stützt man sich gegenüber dem Management lieber auf  quantitative KPIs. Auch wenn die meiner Meinung nach nicht nachhaltig sind.

 

5. Welche sind die effektivsten und wichtigsten Social-Media-Kanäle für dich?

Im geschäftlichen Kontext ganz klar Twitter und LinkedIn. Gerade das Business-Netzwerk bietet eine unglaubliche Vielfalt an Tools. Und die organischen Reichweiten sind mehr als bemerkenswert. Gleichzeitig stelle ich eine Tendenz zur eigenen „Überkompetenzisierung“ fest. Es wimmelt von selbst ernannten Techevangelisten und Disruptoren, die ausschliesslich mit dem Finger auf offenbar inkompetente Unternehmen zeigen oder Videos zusammenklauen und mit grossen Worten – dafür ohne Quellenangabe – auf ihr Profil stellen. Kann man machen. Ich stehe aber mehr auf Menschen, die ihr persönliches Wissen teilen und sich nicht auf Kosten anderer gross machen.

Neben LinkedIn habe ich Twitter schon immer gemocht. Natürlich ist es auch eine Journi-Bubble. Gleichzeitig funktioniert es super für schnellen Austausch und Networking. Für viele erstaunlicherweise ist Twitter in der Gaming-Community super beliebt. Das ist wahrscheinlich dem schnellen und schnörkellosen Handling geschuldet.

 

6. Was freut dich im Beruf am meisten / Was sind die Sonnenseiten in deinem Beruf?

Die unglaubliche Dynamik. Laufend gibt es neue Möglichkeiten und Dinge zu entdecken. Ein solches Umfeld brauche ich. Das wusste ich bereits vor Jahren nach einer wenig erbaulichen Schnupperlehre auf einem Notariatsbüro. 

Gleichzeitig ist diese Dynamik auch gefährlich. Ich hatte oft Angst in der Vergangenheit, dass ich etwas verpassen könnte. Das sehe ich mittlerweile entspannter. Ich mache etwa keine Lypsnc-Videos auf TikTok. Aus multiplen Gründen. Aber ich habe Leute im Netzwerk, die das tun und mir bei der Entscheidung helfen, ob und wie das für unser Business relevant sein könnte. Hier plädiere ich übrigens stark dafür auch mehr mit der „Zielgruppe“ zu sprechen. Ich durfte kürzlich eine Maturaarbeit über Instagram begleiten und war ziemlich begeistert, wie viele Gedanken sich der Teenager zu seinen verschiedenen Accounts gemacht hat. Ein echter Experte.

Vielen Dank für das Interview und deine Zeit Oliver!

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