Hallo Chris, stell dich bitte kurz vor. Wer bist du und was machst du momentan beruflich?

Mein Name ist Chris Beyeler und ich bezeichne mich gerne als das Schweizer Sackmesser im Marketing. Das Ziel meines Unternehmens ist es Personen, Teams und Firmen zu befähigen im digitalen Marketing Fuss zu fassen.

Quellcode fliesst durch meine Adern. Websites sind mein täglich Brot. Digital Marketing meine Leidenschaft. Das gesamte Internet meine Passion. Über 10 Jahren Erfahrung mit weit mehr als 300 Projekte, über 10 Mio. Website Besuchern und 200+ Studenten.

Chris Beyeler

 

1. Wie ist dein Werdegang? Wie bist du zu deiner heutigen Position gekommen?

Meine grosse Leidenschaft war schon immer Technik und Computer. Angefangen hat es nach der Jahrtausendwende als ich die ersten Websites gebaut habe und mit Photoshop meine ersten Webdesign Versuche gestartet habe – da hat es Klick gemacht. Parallel zu meiner Ausbildung zum Mediamatiker, habe ich mit einem Kollegen eine Hosting- und Webdesign-Bude aufgebaut. Nach der Lehre bin ich in eine Agentur als Frontend-Entwickler gewechselt, wo mir aber irgendwann der IE6 so gehörig auf den Keks ging, dass ich das Entwickeln Satt hatte. Auch Javascript stand erst am Anfang der heutigen Möglichkeiten und vom Debuggen hatte ich genug. Mich faszinierte viel mehr die Nutzung des Internets und die damit verbundene Entwicklung. Da bin ich über Projektleitung irgendwann im Marketing gelandet und hab dann nach ein paar Jahren das Team der Agentur geführt und früh angefangen im Bereich digitalem Marketing zu unterrichten. Nach fast 10 Jahren Agentur wollte ich auf die Kundenseite und habe zum E-Commerce-Startup siroop gewechselt, jedoch schnell festgestellt, dass das Potenzial in der Konstellation nicht entfaltet werden kann und zum nächsten Startup als Geschäftsführer einer HR-Software gewechselt. Ich kannte den Markt zu Beginn zu wenig, es hat sich jedoch nach einem Jahr herausgestellt, dass die Marktbearbeitung nicht auf reinem digitalem Weg in der Schweiz funktioniert und habe mich neu orientiert. Jetzt bin ich selbstständig und möchte Personen, Teams und Firmen befähigen in der digitalen Welt Fuss zu fassen.

 

2. Welche Trends siehst du für die kommenden Jahre im Digital Marketing?

Der grösste Trend, den ich sehe, ist, dass digitales und analoges Marketing und mehr und mehr verschmelzen. Heute wird es noch viel zu sehr getrennt und unterschiedlich behandelt, dabei sind die Kunden schon auf allen Kanälen unterwegs und unterscheiden gar nicht mehr. Das Verständnis der Customer Journey wird somit immer wichtiger und wird das essenzielle Werkzeug für die Marktbearbeitung.

 

3. Was schätzt du an deinem Beruf am meisten?

Zu sehen, dass ich Menschen helfen kann und Abwechslung. Ich bin ein neugieriger Mensch und brauche stets eine neue Herausforderung, aber als Entwickler hat mich immer gestört, dass ich den ganzen Tag nur auf den Bildschirm schaue. Viel wichtiger, ist es mit coolen Personen zusammenarbeiten zu können und sie weiter zu bringen.

 

4. Was sind die wichtigsten Fähigkeiten, welche man für das Digitale Marketing benötigt?

Ganz klar technisches Verständnis. Vielfach wird Marketing als «Kreativ» angesehen, da man meist nur die Werbung sieht. Analytisches Denken und rationales Handeln sind am Verkümmern. Und dank digitalem Marketing werden genau diese Fähigkeiten wieder ins Zentrum gestellt. Es geht nicht einfach nur um die reine Bewerbung eines Produktes oder einer Dienstleistung, sondern darum zu verstehen, wo ein Markt ist und wie man diesen bearbeitet.

 

5. Welches sind deine wichtigsten News Quellen rund ums Digitale Marketing?

Ganz klar meine Podcasts ;-P. Nein, ernsthaft. Es gibt da draussen unzählige spezialisierte Blogs für Experten in gewissen Fachbereichen. Ein Deepdive darin hilft sicher, aber ich empfehle zum Beispiel das Fach- und Onlinemagazin t3n und deren Podcast.

 

6. Hättest du früher gedacht, dass du heute in dieser Branche tätig bist?

Auf keinen Fall. Ich wollte eigentlich zuerst immer was mit Computern machen und entwickeln.

 

7. Auf welche Tools könntest du nicht verzichten?

Google, Trello, Sublime, Slack, Buffer, 1Password, Google Drive, Google Maps, Google Calender, Deepl, Anchor.fm, Adobe Lightroom

Ja, ich bin ein Google Kind.

 

8. Welche Rolle spielt bezahlte Werbung in deiner allgemeinen Strategie?

Immer dann, wenn einer Person ihr Bedürfnis nach einer Lösung, einem Produkt oder eine Dienstleistung nicht klar ist, muss man sie erreichen. Alleine durch Word-of-Mouth wird bei einem grossen Business keine Reichweite erzielt. Deswegen braucht es immer mal Werbung. Ich empfehle dafür meinen Artikel in meinem Blog und meinen Podcast zum Thema Customer Journey, worin ich detailliert darauf eingehe, was es braucht um Bekanntheit zu erreichen. Ein Grundsatz ist: fehlt dir Reichweite – zahl dafür.

 

9. Welche sind die effektivsten und wichtigsten Social-Media-Kanäle für dich?

Linkedin ist aktuell das Hype-Netzwerk schlechthin. Quasi wie Facebook vor 10 Jahren. Da passiert recht viel. Aber mein bester Kanal, wenn auch nicht wirklich Social Media, sind, meine Podcasts.

 

10. Erzähl uns etwas über deine Erfolgreichste Kampagne? Was hat zu diesem Erfolg geführt?

Uff, die grosse Frage ist, wann ist etwas wirklich erfolgreich und wie zeichnet sich das aus. Einmal habe ich einen Silver Best of Swiss Web Award im Bereich Performance Marketing gewonnen. Die Leistung in meinen Augen war aber überschaubar. Wir hatten einfach einen Ultra-guten Shop mit einer verdammt guten Conversionrate in einem «einfachen» Markt. Daraus habe ich aber gelernt, dass die Conversionrate entscheidend ist für den Erfolg. Mehr Werbebudget und grössere Reichweite bringen nichts, wenn eine Website nicht das Ziel erreicht. Diesen Grundsatz baue ich in alle meinen Kampagnen ein, wobei ich heute sagen kann, dass es auf die Einfachheit ankommt.

 

11. Wie gehst du mit Misserfolgen um? Wie kannst du daraus lernen?

Analysieren, analysieren und noch mal analysieren. Ich lerne daraus, indem ich die Antwort auf die Frage des Misserfolgs bekomme in den Zahlen. Das heisst auswerten, interpretieren und challengen.

 

12. Was sind deiner Meinung nach die wichtigsten Marketingkanäle?

Das ist immer abhängig von deiner Zielgruppe, wobei wir wieder beim Thema Customer Journey wären. Du musst erst mal herausfinden, wer deine Zielgruppe ist, was diese für Aufgaben hat, auf welche Probleme sie dabei stösst und welches Ziel sie erreichen möchte. Kannst du das definieren, wirst du schnell feststellen, wo sie unterwegs sind.

 

13. Was machst du, um an frische Ideen zu kommen?

Entweder nehme ich einfach mal die klassische Theorie zur Hand, gehe einen Schritt zurück und versuche noch mal neu zu beginnen. Aber viel lieber tausche ich mich mit Kollegen aus. Gerne auch mit Branchenfremden Personen, wie beispielsweise meiner Frau. Sie Dipl. Pflegefachfrau DN II HF, was allgemein gültig als Krankenschwester bekannt ist, und eine klassische Anwenderin oder typische Zielgruppe für gewisse Themen. Mit ihrem nüchternen Blick hilft sie mir eine neue Perspektive einzunehmen. Auch meine Kinder entwickeln sich langsam zu Sparringspartner 😊

 

14. Wie sieht ein typischer Arbeitstag für dich aus? Was machst du morgen zuerst und was ist deine letzte Aufgabe, bevor du das Büro verlässt?

Das schöne ist, dass ich gar kein wirkliches Büro habe. Ich habe mein Studio für Aufnahmen, meinen Co-Working Space, Arbeitsplätze bei meinen Kunden oder den Zug. Aber das erste, was ich jeden Morgen mache, ist es meine Kinder bereit für die Schule oder den Kindergarten zu machen und sie zu begleiten. Hin und wieder habe ich zuvor schon 1–2 Stunden gearbeitet und es ist meine erste Pause und erdet mich.
Meine letzte Aufgabe ist es meinen Kopf zu leeren. Ich kann erst dann entspannt zum Abendessen, wenn ich meine Ziele erreicht habe. Schwirrt mir was im Kopf rum, kann ich nicht abschalten. Das merken dann die Kids und auch meine Frau.

 

15. Wer oder was ist deine Inspiration?

Ganz viele verschiedenen Persönlichkeiten inspirieren mich, aber das wichtigste ist ein klarer Kopf und genug und guter Schlaf!

 

16. Was machst du, um abzuschalten / Was unternimmst du, um einen Ausgleich zu finden?

So langsam entwickle ich mich zu einem Gärtner und Handwerker, aber Ausgleich kann ich das noch nicht nennen – dafür bin ich zu ungestüm. Ich versuche mich aber schon seit einiger Zeit an Musik und schaffe es langsam auch die Kids mit einzubeziehen, aber auch hier ist es noch kein Ausgleich und oft zu laut. Am besten finde ich meine Ruhe, wenn die Kinder im Bett sind und ich mich zusammen mit meiner Frau bei einem Glas Wein vor den Fernseher kuschele oder wir mit Freunden anstossen. Zurück ziehe ich mich dann an die Konsole und zocke gerne mal wieder eine Runde.

 

17. Was freut, dich im Beruf am meisten / Was sind die Sonnenseiten in deinem Beruf?

Zu sehen, dass eine Idee, die man hatte funktioniert und erfolgreich ist.

 

18. Was ärgert, dich im Beruf am meisten / Was sind die Schattenseiten an deinem Beruf?

Die DSGVO!!! Nein, die ist vertretbar und damit kann man umgehen. Aber es schiessen unzählige Menschen aus dem Boden, die meinen alles verstanden zu haben und zu können. Ich finde es gut, dass sie überzeugt von sich sind, aber sie vermitteln oft ein falsches Bild von Marketing.

 

19. Warum hast du dich für diesen Beruf entschieden?

Ich wollte etwas, dass analytisch, rational, aber doch kreativ ist und mit Menschen zu tun hat.

 

20. Würdest du dich heute immer noch für diesen Beruf entscheiden? Warum?

Vermutlich nicht, wenn ich etwas anderes könnte, würde ich vermutlich etwas viel sinn stiftendes machen, als unsere Volkswirtschaft anzukurbeln.

 

Vielen Dank für das Interview und deine Zeit Chris!

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